Es war 8 Uhr morgens und Moritz schlief noch. Die Hoffnung, dass ich mit Moritz Hilfe an dem Abenteuer Weihnachten teilnehmen kann, hat mich wieder erfrischt und ich konnte wieder schweben. Ich kroch unter der Bettdecke neben Moritz hervor und schwebte zum Tisch, auf dem die inzwischen getrockneten Flügel lagen. Na, da bin ich ja mal gespannt, wie die auf meinen Rücken kommen.
Ich hörte, wie Moritz sich streckte, gähnte und sich im Bett aufsetzte. Er sah mich neben den Flügeln sitzen und meinte: „Guten Morgen lieber Fridolin. Heute ist dein großer Auftritt als Engel! Du wirst sehen, das wird toll!“ Irgendwie konnte mich das nicht so ganz überzeugen.
Nachdem Moritz aufgestanden, sich gewaschen, angezogen und gefrühstückt hatte, kam er wieder in sein Zimmer zurück. Jetzt soll also die Verwandlung vom Gespenst zum Engel passieren. Mir war etwas flau im Magen.
Es herrschte reges Treiben in der Wohnung. Der Papa von Moritz stellte den grünen Tannenbaum ins Wohnzimmer und schleppte Schachteln mit bunten Kugeln und Kerzen an. Die Mama war in der Küche und stopfte die Weihnachtsgans. Außerdem richtete sie einen großen Teller mit Gebäck und den von Moritz und mir verzierten Plätzchen und stellte ihn auf den Tisch im Wohnzimmer. Es roch unheimlich gut im ganzen Haus. Wie aufregend. Mein erstes Weihnachten!
Vor lauter Beobachtungen vergaß ich die Flügel. Plötzlich packte mich Moritz. Ruckartig drehte er mich auf den Bauch und drückte mir die Flügel auf den Rücken. Er hob mich hoch und begutachtete mich.
Schließlich sagte er: „die sitzen nicht richtig, irgendwie schief!“
Er zog an den Flügeln! Autsch, das tat weh. Er zog mir mein Fell in alle Richtungen. Dieses dumme Klebeband war sehr unangenehm. Der zweite Versuch! Er klebte die Flügel wieder an. Anscheinend war Moritz jetzt mit dem Ergebnis zufrieden. Er rannte mit mir ins Bad und präsentierte mir mein Aussehen an einem großen Spiegel. Ich sah mich an und dachte, sehen so Engel aus? Ich fühlte mich eher wie ein gerupftes Huhn. Aber ok.
Moritz nahm mich und brachte mich zu seinem Papa ins Wohnzimmer. „Papa, Papa, schau mal, ich habe einen Engel gebastelt. Für unsere Christbaumspitze! Bitte, bitte steck ihn mal drauf!“
Naja, wie wohl alle stolzen Eltern, haben Mama, die aus der Küche kam und Papa, der inzwischen den Christbaum schmückte, begeistert gesagt: Moritz, der ist ja wunderschön, das hast du toll gemacht!“ Der Papa hob mich auf die Spitze des Baumes und erklärte: „das ist der schönste Engel, den wir je hatten, mein kleiner Schatz!“
Nun, dann freute ich mich auch. Das ist ja schon ein großer Erfolg. Erst war ich ein Zaungespenst und wurde zum Schlossgespenst. Und jetzt bin ich ein Engel. Ich freue mich und wünsche Euch frohe Weihnachten.
Euer Fridolin
P.S.: Ach ja, vielleicht sehen wir uns ja mal im Schloss

