Nikolaus (Der Beginn – Kapitel 23)

Heute ist Nikolaustag, so hat es mir Moritz erzählt. Wer um Himmels Willen ist dieser Nikolaus? Die einzige Erklärung von Moritz war seit Tagen: „wir müssen sehr brav sein, sonst bekommen wir nichts Süßes und einen Eintrag ins schwarze Buch“, was auch immer das ist.

Moritz schien richtig Angst zu haben. Also ich sehe dem Ganzen ganz ruhig entgegen, schließlich bin ich ja ein ganz braver und noch kleiner Geist.

„Heute Abend kommt der Nikolaus und Mama und Papa lassen ihn ins Haus!“ meinte mein kleiner Mensch. Weißt du Fridolin , bisher hat er nur Süßigkeiten in meinen Stiefel vor der Türe gesteckt, aber jetzt will er mich sehen. Ich find, das klingt nicht gut!“ Ich drückte mich etwas näher an Moritz, um ihn zu beruhigen.

Er setzte sich an den Tisch und malte ein Bild. Darauf war ein Riese mit einer Zipfelmütze, irgendwelchem weißem Gestrüpp im Gesicht und einem riesigen Sack neben sich. Daneben war ein kleiner Geselle mit grauem Fell und Ketten um die Beine. Oh-weh, konnte das ein Gespenst sein….ein Böses vielleicht sogar? Es hatte einen riesigen Besen in der Hand. Moritz erklärte mir: „Das ist der Knecht Ruprecht, er hilft dem Nikolaus, ein grantiger Geselle!“ So langsam wurden mir die beiden Gestalten auf Moritz Bild etwas unsympathisch. Ich beschloss mich heute Abend zu verstecken.

Die Uhr schlug 17 Uhr und es war schon dunkel. Draußen waren die Lichter an und alles wirkte friedlich. Moritz lief aufgeregt in seinem Zimmer herum und meinte: „Fridolin, es kann nicht mehr lange dauern, dann kommt der Nikolaus!“ seine Stimme zitterte irgendwie. So Fridolin, dachte ich

mir, jetzt wird es Zeit dich, sich zu verstecken! Zu spät! Moritz packte mich an meinem Schopf und drückte mich an sich.

Jemand klopfte heftig laut an der Tür. Jetzt wurde es ernst. Moritz schlich sich aus seinem Zimmer und krallte sich an mir fest, was sehr unangenehm war.

„Moritz, komm bitte ins Wohnzimmer, wir haben Besuch. Der Nikolaus ist da!“ rief Moritz Mama.

Moritz ging mit mir ins Wohnzimmer. Er wirkte sehr ängstlich. Wenn Moritz sich fürchtet, dann zieht er immer an seinem Ohr. Außerdem zwirbelte er ständig an meinem Schopf, was nicht unbedingt angenehm war. Jetzt standen wir vor einem riesigen Mann. Er hatte eine hohe spitze Mütze auf dem Kopf und trug einen langen roten Mantel mit goldenen Knöpfen. Von seinem Gesicht konnte ich nicht viel erkennen. Er hatte einen großen weißen Busch im Gesicht, wo andere Menschen einen Mund haben.

Plötzlich donnerte eine dunkle Stimme im Zimmer und sagte: „Hallo kleiner Moritz, jetzt wollte ich doch mal schauen, ob du ein braver Junge bist. Deine Eltern haben mir erzählt, dass du sehr gerne in den Kindergarten gehst und du meist brav bist. Aber ich habe auch gehört, dass du, wenn du ins Bett gehen sollst, manchmal sehr unwillig bist. Ja, auch ist mir bekannt, dass du nicht immer aufessen magst. Außerdem stand in meinem goldenen Buch, du würdest deine Kleidung und die Spielsachen im Zimmer umher liegen lassen und nicht gerne aufräumen. Hmmmm, das gefällt mir gar nicht. Dieses Mal habe ich den Knecht Ruprecht noch nicht mitgebracht, aber wenn du dich nicht besserst, dann bringe ich ihn nächstes Jahr mit!“

Plumps… Moritz ließ mich vor Schreck fallen. Ich landete Gott sei Dank auf dem Teppich. Moritz war total blass. Er zog ständig an seinen Pulloverärmeln, die länger und länger wurden. „Na kleiner Moritz, willst du dich bessern?“ fragte der Nikolaus. Moritz nickte eifrig, konnte jedoch nichts sagen

„Ich denke, du wirst dich sicherlich bessern, mein Kleiner! Ich hab dir auch was Schönes mitgebracht.“ Der Nikolaus nahm einen großen Stoffstiefel aus seinem Sack und reichte ihn Moritz. Erleichtert lächelte mein kleiner Mensch. Dann bückte sich der große Mann und hob mich sanft hoch. „Da hast du aber einen niedlichen kleinen Freund, lieber Moritz!“ sagte er und sah mich an. Jetzt wurde es mir unheimlich. Ich zappelte und wollte nur noch zu Moritz. Aber der Riese hielt mich mit einer Hand fest und holte mit der anderen etwas aus diesem riesigen Sack. Er drückte mir einen winzigen Stiefel auf den Bauch und sagte: „So lieber Fridolin, der ist für dich, weil du immer so gut auf den kleinen Moritz aufpasst. Du bist ein sehr liebes Gespenst!“ Mann oh Mann, war ich jetzt stolz. Der Nikolaus reichte mich wieder zu Moritz und verabschiedete sich.

Moritz strahlte und seine Eltern meinten: „War doch gar nicht so schlimm, kleiner Moritz! Wir haben dich lieb und Fridolin natürlich auch!“

So, dachte ich: alle Angst war umsonst!